Keine Frage, bei knapp 160,- € ist man beinahe bei jedem zweiten Satz versucht, zu sagen: "gemessen an dem Preis...". Aber zugegeben, auch für mich war es letztendlich der Preis, der mich schwach gemacht hat, schon wieder eine Klampfe zu kaufen. Bedarf war keiner gegeben, eher verschärft sich das Platzproblem weiter.
Das im Blickwinkel changierende Lake-Placid-Blue zusammen mit dem Binding hat mich als erstes gecatched. Dann der dunkel geröstete Ahornhals. Hmmm, lecker. Also, was soll's...
Der Hals ist wirklich ein Highlight des Instruments. Toll, das bei Harley Benton roasted maple in der unteren Preisregion etabliert wurde. Optisch bevorzuge ich den dunklen Farbton dem blassen, fahlen, unbehandelten Ahorn gegenüber, und statisch macht die thermische Behandlung absolut Sinn.
Hier haben wir es mit einem gerade gewachsenen, nicht mit allzu dichten, liegenden Jahresringen verbauten Ahornhals mit einem sehr angenehmen, eher modernen Profil (breit, nicht zu dick) und einer aufgrund der dünnen seidenmatten Versiegelung extrem fluffigen Oberfläche zu tun.
Das Griffbrett mit 12" Radius ist - für mich - ein Traum. Bendings laufen da wie Butter, und auch in den ersten Lagen gestaltet sich der Platz für Akkorde sehr aufgeräumt. Das Lorbeer-Griffbrett ist dicht und gleichmäßig gewachsen, leider aber völlig trocken. Wer's nicht ohnehin zuhause hat: Bitte unbedingt Griffbrettöl mit bestellen! 4 bis 5 intensive Durchgänge mit langer Einwirkzeit, und das Griffbrett "erstrahlt" in dunklem Schokolade-Braun (min. 80% Kakao-Gehalt) und sieht nun Palisander gar nicht mehr unähnlich. In meinem Fall ist es sogar dichter und härter.
Die Bünde sind sauber eingesetzt und abgerichtet. Ja, ein Mehr an Präzision, vielleicht sogar ein Plekken würde eine noch tiefere Saitenlage ermöglichen. Auch das Polieren würde zu größeren Geschmeidigkeit beitragen (Ich sag' nix vom Preis...), aber insgesamt läßt sich sehr gut damit arbeiten, wenn...
Ja, WENN! ... GRRR! Wenn nicht die Bundenden wären! GRRR! Diese sind nämlich scharfkantig und eine absolute Spaßbremse. Genau das ist der Punkt, der der Gitarre, die ansonsten wirklich spitze ist, den fünften Stern kostet. Schade!
He, Thomann! Das geht so wirklich nicht! Gerade ein Einsteiger kann sich da schwer helfen und ist letztendlich frustriert, hängt vielleicht das Hobby wieder an den Nagel. Laßt von mir aus die Tele 20-30,- € teurer sein, aber bietet Euren Kunden genau in diesem Punkt ein besser verarbeitetes Instrument!
Naja. Gelernt ist gelernt, ich konnte mir selber helfen, und in 15 Minuten war der Missstand beseitigt. Ansonsten braucht es neben dem geeigneten Werkzeug Zeit, Geduld und Übung, oder eben die entsprechende Kohle für die Fachwerkstatt.
Im jetzigen Zustand, ich muß es nochmals sagen, ist der Hals einmalig und eine Freude zu bespielen.
Die Mechaniken sind schlicht, aber funktionell, arbeiten friktionsfrei und stabil. Die langen Schäfte sind gewöhnungsbedürftig, und letztendlich habe ich die Mechaniken durch HB Locking Tuner ersetzt.
Zum Korpus jetzt. Die Aufnahme für den Hals ist absolut passgenau und spielfrei, somit bestens geeignet für eine gute Schwingungsübertragung. Und das merkt man auch an einem gesunden Sustain, einer sensiblen Ansprache und einer gleichmäßigen Tonentfaltung. Super!
Auch die anderen Fräsungen sind sauber ausgeführt. Alle Bohrlöcher sind gerade. Die Lackierung ist makellos. Wenn es was zu beanstanden gibt, so die Holzverarbeitung unter der Lackierung. In einem ungünstigen Winkel sieht man gegen das Licht manche Unebenheiten durch. Aber, wie gesagt, die Lackierung ist, wie auch das Binding, absolut ohne Tadel.
Die Bridge wirkt mit ihren "eckigen Ecken" billig, aber die längenkompensierten Saitenreiter machen das mehr als wett. Das Pickguard ist in meinen Augen zu weiß, ein mint-getöntes wäre schicker. Aber das kann man ja noch nachrüsten...
Kommen wir zur Elektrik: Ja, auch diese muß den engen budgetären Vorgaben angepasst werden, aber das macht sie insgesamt gut.
Die Tonabnehmer werden hinsichtlich ihrer detaillierten Ansprache und ihres unverwechselbaren Charakters nicht mit irgendwelchen Aggregaten aus einem angesagten Customshop mithalten können.
Aber in der Höheneinstellung aufeinander abgestimmt bringen sie definitiv Tele-Gene mit. Das mag bis in die letzten Signalspitzen nicht ganz so feingezeichnet klingen, aber der Steg-PU beißt schön, wenn gewollt sogar ziemlich scharf. Der Hals-PU ist teletypisch unterbelichtet und ein Feingeist, dessen Qualitäten man erst nach längerem Spiel zu schätzen weiß. Da ist Wärme und Hohlheit. Beides gut dargestellt. Und im Kombinationssound mit dem Steg ein wertvoller Beitrag zu dem gläsernen Rhythmussound, dem bei entsprechender Amp-Einstellung nichts an Kraft fehlt.
Volume- und Tonepoti agieren gleichmäßig. Mehr kann und will ich dazu nicht sagen, denn hier hat jeder seine eigenen Präferenzen. Ich finde, man kann damit auf jeden Fall arbeiten.
Die Potiknöpfe sind aus Metall und stecken mittels Plastikhülsen auf den Potischäften. Nicht ganz vorteilhaft, weil schwer abzuziehen. Und das mußte ich, weil ein Poti nicht ganz fest saß und nachgezogen werden mußte.
AchJa! Ein kleines Detail noch: die Einschlaghülsen auf der Rückseite, in denen die Ballends der Saiten sitzen, sind nur lose in das Holz gesteckt. Das bedeutet, daß bei einem Saitenwechsel darauf zu achten ist, die Hülsen nicht zu verlieren. Im Life-Betrieb auf dunkler Bühne wünscht man sich da keinen Saitenriss. Sonst geht die (vergebliche) Sucherei los... Ich hab mir hier mit etwas Epoxy-Kleber beholfen. Nun sitzt alles bombenfest.
Tja. Was bleibt unterm Strich? Bis auf die Bundkanten eine super-coole, super-günstige Tele, die einfach umwerfend aussieht und die man mit ein paar Einstellarbeiten und Modifikationen (vom Pickguard bis zum neuen PU-Set) zu einer Mega-Klampfe erhebt, die es mit Exemplaren weit, weit jenseits ihrer Preisklasse aufnehmen kann.
Hallo Thomann! Ich leg' gern nochmals was drauf, und Ihr bekommt das mit den Bundenden in den Griff! Dann nämlich ist die Gitarre einfach nur fabelhaft! Ich liebe das Teil...