Während mein Line6 Helix, Mooer GE1000 und UAD Ruby schon eigentlich die gesamte Welt der Amps irgendwie abbilden können und Großteils wirklich gut klingen, wenn man sie etwas „tweakt“, fehlte mir im maximal cleanen und minimal angecrunchten Bereich bei Strat, Tele & Co. oft das letzte Quentchen Twäääng und „Glocke“ zur Soundglückseeligkeit – besonders, wenn Gitarrensounds allein stehen sollen im Song oder bei cleanen Soli etc. Ich habe allerdings keinen Platz für große Amps und Cabs und mache im Gitarrenbereich nahezu alles inzwischen digital. Naja, jetzt doch nur fast: Nachdem Thomann nämlich den Hughes and Kettner Spirit of Vintage verschleudert hat und ich damit schon grandiose Erfahrungen im Clean gemacht habe (mit Cab-Sim-Software dahinter), wollte ich noch einen weiteren „richtigen“ Amp für einen dezidierten Fender-Sound haben (der H&K liegt hier irgendwo zwischen Marshall und Fender für meinen Geschmack). Da der Platz fehlt und die Motivation Amps zu schleppen, sollte also was kleines her.
Gesagt getan, der Tweedy XL wurde bestellt und in mein Setup integriert – davor musste ich allerdings erstmal kurz grübeln, ob das so funzt wie ich mir das vorgestellt haben, denn: der Tweedy verfügt anders als der H&K über keinen ungefilterten LineOut. Heißt – direktes Einbinden in einen IR-Loader oder eine Cab-Sim-Software direkt dahinter geht so ganz einfach nicht. Oder doch? Der Headphone Out ist bereits mit einer „okayen“ CabSim belegt, die nicht ausschaltbar ist – doof! Aber was ist, wenn ich das Signal einfach vom Send nehme? Tatsächlich, das geht. Vorausgesetzt der IR-Loader hat eine Endstufen-Sim integriert. Denn der Send des Tweedy sendet (soweit ich es erkennen konnte) nur das Vorstufen-Signal raus. Hier muss die Cab-Sim also die Endstufe mit simulieren. Das ist mit einigen Pedals – oder wie in meinem Fall mit der Overloud Super-Cabinet Software in der DAW problemlos möglich – Stichwort ist hier Power-Amp-Sim und/oder auch die Z-Curve Einstellung (je nach vorhandenem IR). Damit wird das Signal wieder so richtig rund und was soll ich sagen: Es klingt einfach wirklich sehr nach dem, was ich gesucht habe. Strat, Tele über den Tweedy gejagt mit der passend eingestellten CabSim, das ist schon amtlich und nochmal ein Zacken über dem, was ich aus Mooer oder Line6 rausholen kann. Auch meine neue Reverend P90 perlt in diesem Setup unfassbar schön. Das ist natürlich auch immer alles ein wenig Geschmackssache, aber ich für meinen Teil bin echt angetan vom Sound, zumal mit unterschiedlichen Cabs natürlich auch mit dem Joyo Tweedy eine noch größere Soundvielfalt entsteht. Auch wenn der Gain nach oben dreht, wird es wirklich schön warm, ohne zu matschen, toll! Es ist so gut, dass ich sogar noch mit dem BlueJay liebäugle.
Kurzum: Wer sich auf digital eingestellt hat und dennoch nicht vollständig auf analogen Sound verzichten will, der kann hier einen aus meiner Sicht wirklich guten Kompromiss finden, der wirklich verdammt gut klingt, vorausgesetzt die Cab-Sim bringt die Endstufe mit. Ansonsten, Verarbeitung ist tadellos, die Lunchbox ist gut gerüstet für den täglichen Gebrauch, bei mir steht sie aber nur im Studio. Bezüglich Abschirmung merke ich beim Drehen der Potis im Signal immer mal ein paar kurze Störer, sobald die Finger weg sind, ist aber alles clean. Auch das Rauschverhalten ist aus meiner Sicht vorbildlich. Insgesamt also ein toller Amp, auch zum Einschleifen in den digitalen Recording-Weg.