Dieses kleine Pult kann uuuuunheimlich viel! Es ist phantastisch vielseitig. Und es klingt bemerkenswert gut. Wer sich für dieses SSL Six interessiert, lädt sich am besten die Gebrauchsanweisung herunter und schaut sich schon vorab detailliert an, was ihn/sie erwartet.
Die technischen Fähigkeiten/Möglichkeiten des SSL Six sind seinen ergonomischen Qualitäten weit voraus.
Dieses Pult ist kein Spielzeug, sondern ein professionelles Werkzeug. Man merkt deutlich, daß es von erfahrenen Audio-Profis entwickelt wurde. Es ist kein simples Me-too-Mixerchen. Es begeistert - aber hat leider auch Schwächen. Und einige davon müßten nicht sein, andere dürften nicht sein…
Angeschafft habe ich es 2019, um mobile Live-Mitschnitte (kleine Musikensembles mit akustischen Instrumenten) zu machen. Dabei verwende ich eine Stereo-Mikrofonanordnung (meistens EBS, manchmal auch OSS, MS oder Blumlein) mit 2 Mikrofonen auf eine Stereo-Bandmaschine (AEG M 20 TC), gelegentlich auch 2 Stereo-Anordnungen gleichzeitig auf eine 4-Kanal-Maschine oder eine DAW. Mehr als 6 Mikrofone benutze ich dabei nie.
Mit dem SSL Six und einem zusätzlichen Stereo-Mic-Pre (bei mir meistens der Focusrite ISA Two) bin ich (weil analog aufgewachsen) on location ziemlich schnell aufnahmebereit, digital dauert länger.
Wenn man viel mit Audio-Equipment unterwegs ist, freut man sich, daß dieses Pult so klein ist. Schön wäre es, wenn es einen eingebauten Griff hätte. Dann bräuchte ich nur eine Hand, um es hin-und-her-zu-tragen, nicht immer 2 gleichzeitig.
Außerdem wünsche ich mir ein Stativgewinde an der Unterseite. Dann könnte ich es auf einem Kamerastativ befestigen und wie ein Rednerpult vor mich stellen, denn üblicherweise bin ich mit den Musikern (oder Sprechern) und den Mikrofonen im selben Raum, und wir stehen alle, weil das oft akustisch besser ist als Sitzen (Sprecher, Sänger, Geiger, Flötisten, Trompeter - sie alle klingen besser auf den Füßen als auf den Hinterbacken).
Wenn ich mit den Mikrofonen im selben Raum bin, bedauere ich, daß die Druckschalter an diesem Pult beim Betätigen hörbare Geräusche machen, die sich mechanisch auf die Frontplatte übertragen und von ihr abgestrahlt werden wie von einer Lautsprechermembran. Das klingt blechern, billig, es stört, und es hätte sich ohne großen Mehraufwand vermeiden lassen, wenn der Konstrukteur dies bedacht/gewollt hätte.
Pluspunkte:
1. lange, gute Fader,
2. helle Pegelanzeigen mit schnellem Rücklauf,
3. sehr vielseitige Routingmöglichkeiten,
4. einfache, schnell bedienbare, sehr praxisgerechte Klangregler,
5. Wenn ich bei einem Stereo-Line-Eingang eine Mono-Quelle anschließe im linken Kanal, dann kann ich sie auf beiden Ohren hören, nicht nur im linken - für mich ist das extrem praktisch.
Minuspunkte:
1. Die Unübersichtlichkeit - aber vielleicht ist sie unvermeidbar, wenn man massenhaft Möglichkeiten auf winzigem Raum unterbringen will (Focusrite’s ISA 430 II leidet unter der selben Krankheit),
2. Gain-Potis regeln zu grob, winzige Drehbewegungen bewirken große Pegeländerungen, feinfühliges Abstimmen von 2 Mikrofonen auf exakt gleichlautes Gain ist schwierig (Focusrite ISA II zeigt, wie das gut gelöst werden kann - braucht aber mehr Platz)
Bei meinem SIX ist der rechte Gain-Poti fehlerhaft: Wenn ich den Pegel einen Tik höherdrehen will, sinkt er stattdessen manchmal ab, manchmal reagiert er gar nicht. War von Anfang an so, aber ich habe versäumt, es zu reklamieren.
Wenn ich dieses Pult nicht hätte - würde ich es mir wieder kaufen? Oder lieber das BigSIX?
Die zusätzlichen Möglichkeiten des BigSIX könnte ich nicht wirklich ausnutzen. Die Kompaktheit des kleinen Pults ist für meine Anwendungen sehr wertvoll. Also ganz klar: Ich würde es mir wieder kaufen. Aber diesmal würde ich das murksige Gain-Poti noch in der Garantiezeit reklamieren…