Nachdem uns das Yanagisawa AWO10 nicht so recht zugesagt hatte (zu brav, zu eindimensional), haben wir nach einem Instrument gesucht, das in jeder Hinsicht anders ist und grössere spielerische Freiheit erlaubt. Das Thomann ASBGM Custom Line Alto Sax erfüllt dies in vielerlei Hinsicht: Es hat eine grössere Mensur (Big Bore) und einen vergrösserten Schallbecher (Big Bell), was stärker an amerikanische Vintage-Hörner erinnert und insgesamt stärker auf Jazz ausgerichtet ist.
Nicht nur in dieser Hinsicht ist es sehr ähnlich wie Modelle anderer Marken, die wie das Thomann-Modell aus Taiwan kommen: Wer das Thomann ASBG etwa mit dem P. Mauriat 67 oder dem Atlantic London "The Duke" vergleicht, wird manche Ähnlichkeiten feststellen, die wohl nicht nur äusserlich sind. Da das Thomann-Modell aber halb so teuer ist, handelt es sich wirklich um ein Schnäppchen. Im Vergleich zum Mauriat und Atlantic hat es allerdings keine gebördelten Tonlöcher (Rolled Tone Holes).
Ebenso weicht das Instrument, das wir erhalten haben (2025), in ein paar signifikanten Details von den Fotos bei Thomann ab, die wohl schon etwas in die Jahre gekommen sind: Das gelieferte Instrument hat nämlich an den tiefen C- und H-Klappen doppelte Ärmchen (Double Arms). Das macht das Instrument vermutlich etwas schwerer als andere Modelle. Ausserdem ist die Farbe deutlich dunkler als auf den Abbildungen: Ein sehr warmer, eher oranger Goldton, der uns viel besser gefällt als auf den Abbildungen. Je nach Lichteinwirkung sehen die Tasten vielleicht ganz leicht heller aus als der Korpus.
Klanglich macht das Instrument richtig Freude: Es kann sowohl laut als auch leise, der Ton lässt sich durch den Spieler in verschiedene Richtungen formen. Einzig um das mittlere C herum wirkt der Klang mitunter recht gequält, und die Intonation ist in diesem Bereich nicht über alle Zweifel erhaben beziehungsweise muss durch den Spieler stark bearbeitet werden (wie bei vielen Saxophonen, auch dem eingangs erwähnten Yanagisawa). Der Umstieg auf die weite Mensur hat uns - einem Wiedereinsteiger und eine Anfängerin mit anderthalb Jahren Übungserfahrung - überhaupt keine Mühe bereitet.
Das Saxophon kommt ohne Mundstück und ohne Gurt, dafür mit einem Set zum Wischen. Der Koffer ist sehr praktisch aufgeteilt mit mehreren Zusatzfächern; allerdings hat er ein hohes Eigengewicht. Persönlich fänden wir einen Leichtgewichtkoffer wie etwa beim günstigen Startone besser.
Alles in allem ist dies ein sehr interessantes Modell, und wir wundern uns, dass es bislang noch fast keine Bewertung gab. Für den Preis von aktuell unter 1600 Euro verdient es mehr Aufmerksamkeit. Gegenüber den günstigeren China-Modellen ist es sicher ein Aufstieg; allerdings gefällt uns unser viel günstigeres Startone-Alto von Thomann im Vergleich mit diesem und dem Yanagisawa immer noch erstaunlich gut.