Ich verwende diesen Rekorder hauptsächlich für die Aufnahme von Vokalisationen von Vögeln, insbesondere von Corviden, also Raben- und Krähenvögeln. Die sind ziemlich schlau, aber auch misstrauisch. Großen, auffälligen Rekordern mit Richtrohr- oder Parabolmikros trauen die nicht über den Weg, und das war es dann mit den Aufnahmen. So ein kleiner Rekorder wie der Zoom H1essential lässt sich leicht verbergen, sowohl am Körper getragen, oder aber im Feld. Die Vögel stören sich nicht daran und verhalten sich normal. Aber wie sieht es mit der Aufnahmequalität aus?
Zoom hat ja in den vergangenen Jahren eine Offensive mit vielen 32-bit Fließkomma Rekordern gestartet und seine H-Linie kräftig überarbeitet. Ich habe es gern gesehen, da mir die 32-bit Aufnahmen eine Versicherung gegen Übersteuerungen und starke Pegelsprünge darstellen, und im Nahfeld bis zu fünf Metern Entfernung konnte ich eine gute Aufnahmequalität erzielen. Darüber hinaus wird es dann aber schnell dürftig, was anderes habe ich aber auch nicht erwartet. Zum Glück ist der H1essential dann doch nicht so karg ausgestattet, wie das "essential" im Produktnamen dann vermuten lässt. Über eine 3,5 mm Eingangsbuchse können externe Mikros angeschlossen werden, die mehr Richtwirkung und / oder höhere Empfindlichkeit mitbringen (z.B. Sennheiser MKE 400 Mk.II). Ebenso ist der Eingang für Line-Signale tauglich. Dergleichen unterscheidet der Kopfhörerausgang auch automatisch zwischen Line-Ausgang und Kopfhörern.
Die Energieversorgung besteht standardmäßig aus zwei AAA-Batterien, die für ein paar Stunden den Betrieb erlauben. Der USB-C Anschluss erlaubt aber auch den Betrieb mit Netzteil oder Powerbank, was Langzeitaufnahmen ermöglicht, was gerade auch in der Ornithologie sehr hilfreich ist (z.B. automatische Nachtaufnahmen). Der USB-C Anschluss dient aber auch zur Datenübertragung, was allerdings bei den großen Dateimengen, die mit 32-bit Dateien unvermeidlich anfallen, ziemlich zeitaufwändig werden kann. Aber besser als gar nichts allemal.
Der USB-C Port kann natürlich den Rekorder als Audiointerface mit einem Computer verbinden.
Die Start-up Zeit ist mit 6 bis 7 Sekunden erfreulich kurz. Vögel warten in der Regel nicht mit ihren Äußerungen. Zudem kann man eine Vorab-Aufnahmezeit von 2 Sekunden einstellen, was wirklich manche Aufnahme rettet.
Der Zoom H1essential beschränkt sich konsequent auf 32-bit Float-Aufnahmen, geringere Bittiefen sind nicht möglich. Dabei bietet er drei Samplingfrequenzen (44,1, 48 und 96 kHz) von denen im Zusammenspiel mit den verbauten Mikrofonen allerdings nur die beiden niedrigeren sinnvoll sind, da der Frequenzgang der Mikrofone bei ca. 20 kHz endet. Wer sehr hochfrequente Schallquellen aufzeichnen will, ist auf ein externes Mikro angewiesen. Dann macht auch die 96 kHz Samplingfrequenz Sinn. Ansonsten eher nicht.
Die eingebauten Mikrofone entsprechen etwa dem, was ich von anderen Rekordern dieser Preis- und Ausstattungsklasse gewohnt bin. Nicht schlecht, aber auch nicht spitze. Die Gehäuse der Mikros sind verchromt, bestehen jedoch aus Kunststoff, aber einem guten, robusten und haltbaren (s.u.).
Manche Benutzer beklagen ein gewisses Eigenrauschen, was ich selbst aber nicht nachprüfen konnte. In meiner Praxis zeigte sich jedoch kein übermäßiges Rauschen, also alles im Rahmen des Erwarteten, und definitiv besser als der Vorgänger H1n.
Für das von mir benötigte Einsatzprofil leistet der Rekorder insgesamt gute bis sehr gute Arbeit mit einer kleinen Einschränkung: Beim Anschluss einer Powerbank kann es zu RFI-Einstreuungen durch die Powerbank kommen. Das Einfallstor der Frequenzen sind die Mikrofone, die offenbar nicht perfekt geschirmt sind. Die RFI-Signale sind jedoch nicht hörbar, aber in Sonogrammen der Aufnahmen sichtbar, je nach Typ der Powerbank zwischen 10 und 16 kHz. Ärgerlich, aber auch (zum Glück!) wenig praxisrelevant.
Noch ein Tipp zur Dämpfung von Windgeräuschen: Zwar bietet Zoom zum H1essential ein schönes Zubehörpack mit einem Fellwindschutz an (den die Vögel aber hassen!), der zwar auch sehr gut ist, aber manchmal auch etwas übertrieben ist, denn oft genügt mir auch ein simpler Windschutz aus Schaumstoff, was auch viel unauffälliger ist. Ich habe bei Zoom noch einen Windschutz für einen alten H4-Rekorder gefunden, der passt fast genial zu den eingebauten Mikros des H1essential, und sieht auch noch toll zum Rekorder aus. Gab's auch hier bei Thomann für wenige Euros, gerade leider vergriffen (Juni 2025). Ansonsten passen auch Schaumstoffwindfänger für Vokalmikros á la SM 58 o.ä. sehr gut.
Im Feld ist auch Robustheit gefragt, und die bringt der H1essential auch mit, denn bei einer Gelegenheit hat eine Krähe den Rekorder von einem Fenstersims in ca. 12 Metern Höhe hinuntergeworfen. Er hat es überlebt und dient mir ohne Probleme auch noch heute, wobei ich, bzw. der Rekorder auch viel Glück gehabt haben könnten. Außer ein paar kleinen Kratzern und Eindrücken vom Aufprall auf den Boden, ist nichts passiert. Nochmal darauf anlegen würde ich es aber nicht.
Die Bedienung ist praktisch und intuitiv. Wer schon mit PCM-Rekordern zu tun gehabt hat, wird sich sicher gleich zurechtfinden. Die Menüs sind klar strukturiert, lediglich das Einstellen der Uhrzeit ist vielleicht ein wenig aufwändiger, ist aber pillepalle.
Das OLED-Display ist kontrastreich und gut lesbar - wenn man gute Augen hat, denn es ist eben auch klein. Da kann dann doch die Sprachführung hilfreich sein.
Der Rekorder liegt gut in der Hand. Die Tasten lassen sich gut mit den Fingern fühlen und bedienen. Zoom hat sich schon Mühe gemacht, um Transienten durch die Tastenbedienung zu minimieren, dennoch bleiben die Handgeräusche wahrnehmbar, und die Tasten haben einen schwammigen Druckpunkt.
Der eingebaute Lautsprecher ist eine Verbesserung gegenüber denen in älteren Modellen, jedoch sollten die Erwartungen auch nicht zu hoch sein. Der Lautsprecher kann relativ laut sein, der Frequenzgang bleibt jedoch eingeschränkt, insbesondere beim Bass.
Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem H1essemtial, er erfüllt meine Anforderungen: Er liefert eine gute Audioqualität bei geringen Abmessungen und Kosten. Kaufempfehlung? Aber klar!