Bedienung:
Bis auf Reverb und Delay sind alle grundlegenden Funktionen integriert, was zunächst die Hoffnung weckte, das Gerät in Kombination mit nur einem Reverb-/Delay-Pedal als kompaktes Notfall-Setup nutzen zu können. Diese Erwartung hat sich jedoch nicht erfüllt: Der Boost verursacht einen deutlichen Lautstärkesprung, vergleichbar mit einem voll aufgedrehten Solo-Regler, und ist für mich daher nicht sinnvoll einsetzbar. Dadurch wird ein separates Overdrive- oder Distortion-Pedal mit eigener Level-Regelung notwendig. Aus dem ursprünglich schlanken Setup wird schnell ein umfangreicheres Rig mit mindestens zwei bis drei Zusatzpedalen, entsprechender Stromversorgung und weiterem Zubehör.
Ein weiteres Problem zeigte sich bei meinen Tests im Drive-Kanal: Bei etwa zwei Metern Abstand zur Box kam es trotz maximal aufgedrehtem Noisegate und dreiviertel Gain-Einstellung regelmäßig zu störendem Feedback (lautes Pfeifen), insbesondere bei aktiviertem Boost. Die einzige wirksame Maßnahme war, direkt neben der Box zu stehen – was live kaum praktikabel ist.
Sound:
Getestet wurde das Gerät an einer Hughes & Kettner 10-Zoll-Box im Vergleich zu einem einkanaligen Röhrenamp von Harley Benton. Subjektiv klingt der Harley Benton deutlich besser – wobei dieser ohnehin einen sehr guten Sound liefert. Einige Presets des AmpMan wären als Backup-Lösung durchaus brauchbar. Positiv hervorzuheben ist die Red Box AE, die klanglich deutlich über der Variante im GrandMeister 36 liegt, welche ich persönlich als unbrauchbar empfinde. Besonders erfreulich: Die Red Box lässt sich deaktivieren, sodass man beispielsweise einen Engl Cabloader mit IRs anschließen kann – ein echter Pluspunkt in Sachen Flexibilität.
Im Direktvergleich über Kopfhörer mit einem HX Stomp XL (inklusive professioneller Presets für rund 30 €) zeigt sich jedoch ein klarer Unterschied: Die Sounds des HX Stomp wirken für meinen Geschmack hochwertiger. Zudem bietet der HX Stomp den Vorteil, als vollwertige Standalone-Lösung mit integriertem 4-Kanal-Audiointerface für Recording eingesetzt werden zu können.
Fazit:
Als eigenständige Lösung ist der AmpMan für Live-Einsätze aufgrund des unkontrollierbaren Boost-Lautstärkeunterschieds für mich leider nicht geeignet. Ich hätte ihn sonst definitiv gerade für Bandproben und kleine Gigs gerne eingesetzt. Für Recording-Zwecke bietet der Line 6 HX Stomp deutlich mehr Flexibilität und Klangqualität. Trotzdem glaube ich, dass man zusammen mit einer DAW mit integrierten Effekten sicher ebenfalls sehr gute Ergebnisse erzielen könnte. Da ich den AmpMan für unschlagbare 150 € erworben habe, werde ich ihn gelegentlich zum Üben nutzen – als Backup-Lösung kommt er für mich jedoch nicht infrage.
Preis-Leistung ist trotzdem sensationell!