Zugegeben, es hat ein bisschen gedauert, bis ich mit diesem Amp warm geworden bin. Zum einen ist es mein erster Modelling Amp. Wer zuvor nichts anderes als Röhren- und Hybrid-Klassiker aus dem letzten Jahrhundert bespielt hat, muss sich halt erst mal zurecht finden. Zum anderen brauchte ich eine Weile, um die für mich richtigen Sounds heraus zu kitzeln. Inzwischen will ich den Mooer SD75 nicht mehr hergeben.
Die eingebauten Amp-Simulationen decken ein breites Spektrum ab. Klassiker von Fender, Marshall, Vox, Mesa Boogie, Friedman und EVH werden passabel nachgebildet. Es ist nicht immer einfach, die etwas kryptischen Kurznamen zu entschlüsseln, die Mooer für seine Amp-Modelle erfunden hat (bzw. aus lizenzrechtlichen Gründen erfinden musste). ChatGPT und Grok helfen dabei. Insgesamt bietet der SD75 25 Amp-Modelle. Wenn man genauer hinschaut, sind es aber eigentlich nur 13, denn 12 Amps treten paarweise auf -- je in einer Clean- und einer gezerrten Variante. Na gut, für mich genügt das alle Male.
Vom einfachen Boost über Overdrive und Distortion bis hin zum extremen Fuzz reichen die angebotenen 8 Verzerrermodelle. Dies sowie die wählbaren 5 Delay-, 6 Hall- und 9 Modulationseffekte decken mehr ab, als ich je brauchen werde. Etwas versteckt unter den Einstellungen je Amp-Modell findet sich sogar ein Noise Gate mit einstellbarer Schwelle -- sehr schönes Feature! Weitere Funktionen, insbesondere den integrierten Looper, habe ich bisher noch nicht getestet.
Neben den vier "analogen" Klangreglern (Bass/Middle/Treble/Presence) gibt es drei Drehknöpfe, die die Lautstärke beeinflussen: 'Gain' und 'Volume' dienen, soweit ich das verstanden habe, zur Abstimmung der Vor- und Endstufenverstärkung des jeweils nachgebildeten Amp-Modells. Für die Gesamtlautstärke, die der SD75 am Ende rauspustet, ist 'Master' zuständig.
Der 12" Lautsprecher von Mooer ist offenbar gut auf das nach hinten offene Combogehäuse abgestimmt und verrichtet einen tadellosen Job. Dass der Sound nicht an High-End Geräte herankommt, dürfte sich allein angesichts des Preises von selbst verstehen. Trotzdem: In Verbindung mit den Amp-Simulationen und Möglichkeiten der Klangeinstellung erfüllt der SD75 im Hinblick auf Sound und Punch absolut meine Erwartungen.
Die Bedienung finde ich gut durchdacht sowie intuitiv und leicht erlernbar. Schalter und Knöpfe sind übersichtlich angeordnet und haben eine angenehme Haptik. Eigene Einstellungskombinationen (Presets) lassen sich zur Wiederverwendung speichern. Allerdings komme ich damit auch zu den für mich größten Schwachstellen des SD75: Erstens gibt es keine "Custom"-Speicherplätze, sondern mit jedem gespeicherten eigenen Preset wird ein werksseitiges überschrieben. Zweitens gibt es keine Möglichkeit, Presets auf einen externen Datenträger oder Computer zu sichern. Einmal Resetten und alles mühsam Erarbeitete ist weg. Dafür gibt's von mir unter "Bedienung" gleich zwei Sterne Abzug.
Einen sehr guten Eindruck macht die Verarbeitung des Amps auf mich.
Fazit: Mit dem Mooer SD75 bekommt man einen vielseitigen, praxistauglichen Gitarrencombo zum äußerst günstigen Preis. Alles in allem bin ich sehr zufrieden mit meinem Kauf.