Die Qualität eines Blattes oder Rohrs, wie der Oboist sagt, ist so wichtig wie die Qualität des Instrumentes, wenn es um den Klang und die Funktion einer Oboe geht. Es ist zerbrechlich und unberechenbar. Während Dir ein gutes Blatt das Gefühl geben kann, dass die Oboe das wundervollste aller Instrumente ist, kann Dich eine Reihe von schlechten Rohren so weit bringen, der Oboe keine Chance zu geben. Manche Lehrer stellen eigene Rohrblätter für ihre Schüler her, während Andere von Kollegen mit den bevorzugten Blättern versorgt werden. Es ist aber auch möglich, Rohrblätter direkt aus dem Regal von einer Reihe von Herstellern zu erwerben. Die Herstellung eines Doppelrohrblattes ist ein relativ aufwendiger Vorgang, der diverse Werkzeuge erfordert und hier nur kurz angerissen werden soll.
Ein kurzer Streifen Pfahlrohr (eine Schilfart) wird sehr dünn ausgehobelt, in der Hälfte gefaltet und in einer Stahlschablone befestigt. Dort werden die Seiten in Form geschnitten (fassoniert). Anschließend wird das Blatt auf eine Hülse gebunden, die Spitze wird abgeschnitten und es wird maschinell oder von Hand weiterbearbeitet. Ziel ist es, so viel Material abzuschaben, bis sich das Rohr leicht anblasen lässt. Generell kann man sagen, dass ein Rohr umso besser funktioniert, je akkurater und symmetrischer es ist. Jedoch manchmal erzeugt dann doch das Blatt, das am schlimmsten aussieht einen herausragenden Ton, ohne dass es dafür einen offensichtlichen Grund gibt. Jedes Rohr ist anders, und jede Oboe und jeder Spieler benötigt leicht unterschiedliche Blätter - deshalb gibt es auch kein Richtig oder Falsch, sondern nur die persönliche Vorliebe.
Doppelrohrblätter gibt es in verschiedenen Härtegraden - soft, medium-soft, medium, medium-hard and hard. Weiche (bei denen der größte Teil des Holzes weggeschabt ist) eignen sich am besten für Anfänger. Wenn Du ein Blatt ausprobieren möchtest, tauche es zuerst mit der Spitze für einige Minuten in Wasser. Wenn Du das Blatt ansatzlos anbläst, sollte es einen krähenden Ton erzeugen. Anschließend kannst Du testen, wie das Blatt in der Oboe funktioniert. Die meisten Blätter sind mit einem kleinen Stück Messingdraht umwickelt, der die Öffnung stabilisiert. Die Form der Bahn (geschabter Teil) kann unterschiedlich sein - die meisten europäischen Blätter sind entweder rund oder in W-Form bis auf den halben Weg zum Draht geschabt. Grundsätzlich ist das der amerikanischen Variante vorzuziehen, bei der bis zum Draht geschabt wird, was einen anderen Ansatz erfordert, wenn es gut klingen soll. Ein weiches Blatt ist zwar leichter zu blasen, erzeugt aber generell einen harscheren Ton. Deshalb solltest Du zu etwas härteren Blättern übergehen, sobald Deine Mundmuskulatur stark genug ist. Falls es sich dann trotzdem noch als zu mühsam erweist, sind weichere Blätter wahrscheinlich doch die bessere Wahl.
Doppelrohrblätter für Oboe sind relativ teuer (ungefähr zwischen 15 und 20 Euro), und sie brechen leicht, deshalb ist es unerlässlich, sie in einem stabilen Behältnis zu transportieren. Die kleinen Pappkartons mit Watte, in denen sie manchmal geliefert werden, sind nicht wirklich ausreichend, und Kunststoffröhrchen sind ebenfalls nicht ideal, weil sie die Blätter nicht atmen lassen. Außerdem kann die Spitze beim Entnehmen oder Austauschen des Blattes beschädigt werden. Ideal geeignet ist ein Etui mit drei bis sechs Fächern. Das reicht für Anfänger völlig aus.
Ein durchschnittliches Blatt, das sorgfältig behandelt wird, sollte einige Wochen halten. Trotzdem erfordert es in dieser Zeit etwas Pflege und Korrektur. Oft wird das Rohr beim Spielen dicker und erfordert zusätzliches Schaben. Lehrer erledigen das normalerweise für ihre Schüler. Wenn Du das Bearbeiten der Blätter selbst machen möchtest, brauchst Du ein spezielles Schabemesser und eine schmale Kunststoffzunge, die als Stabilisierung in das Blatt gesteckt wird und auf der Du dann schaben kannst. Hochwertige Messer gibt es beispielsweise von Barrie Gregson. Manchmal werden Blätter an den Seiten undicht. In diesem Fall kannst Du ein kleines Stück Frischhaltefolie oder PTFE-Band um das Blatt wickeln. Achte jedoch darauf, keinesfalls damit die Bahn zu bedecken.