Wow, soviel Gitarre für sowenig Geld – es stimmt also, was die Leute sich über die Harley Benton JA-Baritone erzählen. Lange drauf geschielt und vor einem Monat endlich zugelangt. Wie ich es nicht anders vom Thomann Top-Service kenne, war die Gitarre kurze Zeit später da.
Direkt ausgepackt und der erste Blick war: Echt wunderschönes Teil, das sieht ganz und garnicht nach nur 199 € aus – alles top verarbeitet, Bundstäbchen sitzen ordentlich drin, keine scharfen Kanten, keine Kleberreste – das Brett sieht super edel aus, ich bin beeindruckt!
Ich spiele die Gitarre nochmal eine Quinte tiefer als sie standardmäßig geliefert wird (F# Standard statt B Standard). Habe mir also neue Saiten geholt, damit die Spannung stimmt. Auf Standard B konnte ich die Gitarre aber wirklich „out of the box“ spielen – das ist bei dem Preis nicht selbstverständlich!
Schade ist, die Auswahl an Baritone-Saiten – gerade bei einer 30-inch Mensur – ist leider eher mager. Für meinen Saitensatz musste ich mir Einzelsaiten besorgen, einzige Option für mich waren Elixir Nanoweb/Plainsteel Einzelsaiten (0.74w, 0.62w, 0.46w, 0.26w, 0.18, 0.14). Das tapered Ende der 0.74er Saite war leider zu kurz für die Mensur. Da sie aber nicht auf der Nut lag, konnte ich damit leben. In Zukunft werde ich aber wahrscheinlich entweder auf eine Basssaite (Nachteil: wird schnell dumpf) umsteigen oder mir ein Stringjoy Customset besorgen.
Durch den neuen Saitensatz musste ich etwas an der Nut nachfeilen, den Halsstab nachjustieren und die Saitenhöhe sowie Intonation an der Bridge anpassen. Danach war aber alles bestens.
Viele bemängeln die Kunststoffmechaniken – ja, die fühlen sich nicht so edel an, aber ich hab ehrlich gesagt jetzt kein Problem mit denen. Wer etwas investieren will, macht aber sicher nichts falsch damit, da aufzurüsten. Was ich persönlich ein wenig zu bemängeln habe, ist der Toggle Switch, der ebenfalls komplett aus Kunststoff ist. Auf der Neck Position hält er sich nicht so gut und neigt dazu, schnell wieder in die Middle Position zu springen, wenn man leicht drankommt. Kann aber auch sein, dass ich einfach eine Gitarre erwischt habe, bei der das so ist. Nach einiger Zeit hat sich das etwas verbessert, den Switch werde ich aber sicher noch austauschen.
Der Hals hat ein Glossfinish, da bin ich grundsätzlich nicht so Fan von. Daher hab ich ihn mit einem Schleifschwamm matt geschliffen – hat super geklappt und fühlt sich jetzt smooth an! Unabhängig davon lässt sich der Hals aber unglaublich gut bespielen, liegt toll in der Hand – sowohl unten- als auch obenrum.
Die P90 Pickups neigen im Gegensatz zu den P90s meiner Fender Mustang etwas schneller zu Störgeräuschen und Feedback, aber bei dem Preisunterschied (689 € zu 199 €) ist das was, das ich nicht wirklich als Mangel bezeichnen kann. Das Innenleben und das Schlagbrett der Gitarre mit Kupfertape auszukleiden hat da übrigens schon einiges an Abhilfe geleistet.
Über den Rest kann man aber nicht meckern: Die Potis machen ihren Job und die Bridge ist top – Hipshot-Design, lässt sich super einstellen, keine Probleme mit der Intonation, das kann so bleiben, wenn man nicht das Beste vom Besten braucht.
Der Sound ist unheimlich gut, die Pickups haben richtig Wumms und Definition – die machen sich bei Low Tunings echt gut. Und da – zumindest ich – bei so tiefen Tunings eher mit weniger Gain arbeite, gibt’s auch keine wirklichen Probleme mit Feedback. Aber auch so: P90s sind eben Singlecoils und Singlecoils sind halt keine Humbucker, es liegt also in ihrer Natur, störanfälliger zu sein.
Alles in einem kann ich die Gitarre nur weiterempfehlen – vor allem, wenn man eine Gitarre zum Modden sucht. Ich werde langfristig auf Fishman Fluence P90s und Schaller Locking Mechaniken upgraden, eventuell auch eine Schaller Bridge holen, um nochmal das letzte bisschen Sustain rauszuholen. Ich sag: JA (zur) Baritone!