Eigentlich wollte ich mir nur einen neuen Tuner für´s Board zulegen. Aber dann bin ich über dieses Ding gestolpert. Nach einigen Wochen des Wartens – die Teile waren wohl recht schnell vergriffen – kam mein GP-5 nun endlich an.
Überraschung 1: Der Winzling wirkt unglaublich wertig. Schweres Metallgehäuse, die Drehpotis (ebenfalls aus Metall ) laufen smooth und straff – kein Wackeln, kein eiern. Das daumennagelgroße Display ist zumindest im Nahbereich gut abzulesen, der Fußschalter arbeitet fantastisch ohne Knacken oder Wackeln.
Enttäuschung 1: In der Verpackung befindet sich außer dem Gerät nur ein völlig nutzloser Quick Start Guide. Auf diesem minimalistischen Zettelchen findet man nicht mal einen Download-Link für das Manual.
Enttäuschung 2: Auch kein USB-Kabel liegt bei. Auch wenn sonst alles vorhanden ist, um loszulegen – Computer, Smartfon, Gitarre, Kabel – muss man jetzt erstmal auf die Suche nach einem passenden und funktionierenden USB-A/C-Kabel gehen. Erst beim zweiten Kabel klappte die Verbindung mit der Valeton Suite auf dem Rechner. Ich habe das fehlende Kabel bei thomann reklamiert, weil im Manual deutlich die Rede von einem „...supplied USB cable…“ ist. Antwort von Thomann: „Laut dem Hersteller wird das GP-5 ohne Kabel ausgeliefert, es scheint sich um einen Fehler in der Anleitung zu handeln.“ Seufz...
Überraschung 2: Die Bluetooth-Connection zwischen GP-5 und meinem iPhone klappte auf Anhieb. Auf Anhieb klappte auch das vorgeschlagene Firmware-Update von V. 1.03 auf 1.06. Ein Manual gibt es auf der Valeton-Seite aber nur für V. 1.03. Hoffen wir mal, dass da nur Bugs ausgemerzt und keine entscheidenden Bedienschritte geändert wurden.
Test/Überraschung 3: (alle Presets mit Kopfhörer und über Amp): Einige sehr brauchbare Sounds. Wie bei vielen anderen Modelern viel Gain und High Gain, aber durchaus auch angenehme cleane Klänge. Angenehm überrascht auch die Qualität der Zerre. Vor allem in den unteren Mitten – also dort, wo es notorisch matscht – sehr harmonisch und transparent. Das Crunch-Feld eher dünn besiedelt, aber man hat Hoffnung, mit etwas tweaken hier und dort noch nacharbeiten zu können. Auf jeden Fall kein Angebiedere bei bekifften Amateurgitarristen mit zu viel übermodulierten Wabersounds. Gibt es auch, aber wenige.
Manche Presets klingen für sich bescheiden, aber machen im Kontext eines Arrangements in der DAW plötzlich Sinn. Manche klingen mit der einen Gitarre eher schaurig, mit einer anderen dann plötzlich richtig gut. Achtung: Bei Benutzung als Multi-FX über Amp die Amp- und Cab-Simulation ausschalten. Das ist etwas verwirrend, weil man zum Ausschalten einen Einschalt-Button betätigen muss.
Enttäuschung 3: Die stationäre Software kann nix außer Presets umzubenennen, extern zu sichern sowie IRs und Captures zu im- und exportieren. Das nervt, wenn man das Ding eh schon am Rechner als Interface benutzt und dann zum Editieren zusätzlich das Fon benutzen muss.
Fazit: Für mich als Amp-Player immerhin eine gute Backup-Lösung. Für meinen Geschmack auch für´s Recording allemal besser als Tonocracy oder Guitar Rig. Ums Fummeln kommt man auch hier nicht herum, aber das Editing ist einfach und intuitiv. Die meisten Effekte sind absolut ok, nur das Gate ist Mist (Sound „flattert“ bei geringer werdendem Eingangssignal). Passt in jedes Notfallköfferchen (falls der Amp mal abraucht oder das Pedalboard zickt).
Nachtrag: ACHTUNG, ganz großer Mist: Für Patches, die mit Drittanbieter-NAMs oder Effekten gebastelt wurden, gibt es keine Backup-Möglichkeit. Die Fremdelemente werden nicht mitgespeichert!